Keine Wettkämpfe für Kinder! Ein Resümee von Seppi Jenewein

Sprunglauf / Nordische Kombination

Keine Wettkämpfe für Kinder! Ein Resümee von Seppi Jenewein - Keine Wettkämpfe für Kinder! Ein Resümee von Seppi Jenewein -

Vor einem Jahr sprachen wir mit KSC Sprunglaufreferent Seppi Jenewein über den Leistungsdruck bei Kindern. Damals gab er bekannt, dass der Kitzbüheler Ski Club künftig keine Kinder- und Schüler 1-Kategorien mehr zu Wettkämpfen entsenden werde. Wir wollten wissen, was daraus wurde.

Vor einem Jahr haben wir über den Leistungsdruck im Sport bei Kindern gesprochen. Wie schaut es heute aus?

Die größte Kritik und auch Warnung war, dass wir dadurch Kinder verlieren würden. Heute, genau zwölf Monate später, haben wir ein größeres Nachwuchsteam, als je zuvor. Derzeit haben wir 35 Aktive. Ich kann mich in den vergangenen 20 Jahren nicht daran erinnern, dass wir einen derartigen Zuspruch erhalten haben. Das freut uns sehr.

Wie viel Überzeugungsarbeit brauchte es, damit innerhalb des Teams alle mitzogen?

Anfangs waren in den eigenen Reihen nicht alle von dem neuen Konzept überzeugt, schließlich haben aber alle mitgezogen und nach diesen zwölf Monaten  stehen auch die Eltern hinter der Entscheidung. Die Kinder entwickeln sich beim Training ganz locker, jedes in seinem eigenen Tempo, ohne jeglichen Druck. Nun schaffen wir an einem Tag zehn bis fünfzehn Sprünge, im Wettkampfmodus waren das bisher nur drei bis vier. Wir können uns so wesentlich besser auf die Technik und somit auf das Ausmerzen von Fehlern konzentrieren. Zudem ist es auch ein Kostenfaktor.

Lernen die KSC Kinder auch andere Schanzen kennen?

Ja, natürlich. Wir fahren alle zwei Wochen zu anderen Schanzen und verbringen dort einen gut geplanten Trainingstag. Es ist wichtig, dass die Kids andere Schanzen kennenlernen.

Wie messen sich die Kinder mit anderen?

Man darf ein Kind nicht unterschätzen. Kinder schauen immer, was andere machen, wie weit sie selbst springen. Sie vergleichen sich permanent, schätzen ihre Leistung selber ein, ohne dass man als Erwachsener etwas sagt. Natürlich schauen die Kids beim TSV Trainingstag, oder wenn andere Vereine bei uns trainieren, genau hin. Das Vergleichen ist tief in uns allen drinnen.

Kann man ein Kind beurteilen, ob es für diese oder jene Sportart geeignet ist?

Es darf in den Kinderkategorien keine Bewertung geben, Kinder sollen sich ohne Leistungsdruck entwickeln dürfen. Wir wollen, dass sie mit Lust, Freude und Motivation  dabei sind . Gleichzeitig möchten wir keinen Seriensieger, der dann ausgebrannt ist. Auf der anderen Seite verliert ein Neunjähriger, der nie ganz oben steht,  bald die Lust, weil eh immer der Gleiche gewinnt. In diesem Alter braucht kein Kind bereits an der Spitze zu stehen, man braucht es auch nicht zu beurteilen, weil es in diesem Alter noch große Entwicklungsschritte macht. Man kann nicht sagen, dieses Kind ist geeignet oder ungeeignet.

Wann werden dann die Skispringer zum Wettkampf entsandt?

Mit 14 soll jeder selbst entscheiden, seine Ziele definieren. Da muss man den jungen Sportlern viel Unterstützung entgegenbringen und das Selbstvertrauen  wecken. Wenn ein Kind als Antrieb für den Sport einen Pokal braucht, dann ist etwas verkehrt, es muss die Leidenschaft sein, ein klares „Ja“ zu dem, was es tut. Nur so kommen die Kids weiter, nur dann können sie auch diesen schwierigen Weg zur Weltspitze meistern, sie müssen  es selbst wollen. Unser Weg funktioniert, das wissen wir und wir bleiben dabei, auch wenn wir hin und wieder Gegenwind verspüren.

Was ist das Ziel?

Wir wollen mündige Athleten, die sich selbst für den Sport entschieden haben, und nicht den Sport ausüben, weil Eltern oder Trainer die Entscheidung für sie getroffen haben. Wir wollen Weltmeister und Olympiasieger! 

 

Link zum Artikel vom 27. März 2019 - Interview mit Seppi Jenewein "Kinder sollen sich ohne Leistungsdruck entwickeln".