Page 48 - Nr46 SkiKitz Jänner 2006
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Seite 48                                      K.S.C.-Clubzeitschrift – Frühjahr/Sommer 2006



               Diesesmal haben wir als Abschluss unserer   nenkamm – A loser’s perspective “. Wir, die
               SkiKitz einen Bericht von John Mealey aus   die Streif kennen, wissen, dass es auf der
               Canada. Er machte 1994 als junger Renn-  Streif  keine  Verlierer  gibt,  vielmehr  ist  je-
               läufer Bekanntschaft mit der Streif, und nach   der ein Held und nur wenige auch Sieger.
               12 Jahren ist ihm unser Hahnenkamm so in   John  Mealeys  Bericht  vermittelt  uns  einen
               Erinnerung, dass man vermuten könnte, er   sehr unmittelbaren, direkten Einblick in die
               hätte  heuer  seinen  ersten  Höllenritt  ange-  Seele eines Rennläufers. Es kleidet für uns
               treten. Uns hat dieser Bericht in der kana-  Normalskiläufer  das  unvorstellbare  Erleb-
               dischen Ausgabe der Zeitschrift „Skiracing“   nis bzw. Gefühle eines Rennläufern auf der
             abKRistEln
               so  gut  gefallen,  dass  wir  diesen  unseren   Streif  in  Worte.  Der  Artikel  beginnt  beim
               Mitgliedern  nicht  vorenthalten  möchten.   Start  am  Hahnenkamm  und  endet  im  Ziel
               Der Titel  seines  Berichts  heißt  „The  Hah-  mit dem Abkristeln.


                      der hahnenkamm aus der sicht

                                   eines Verlierers


                    Artikel aus „ski Racing“, 17. märz 2006, www.skiracing.ca
                                  Finish line von John mealey




               Ich werde manchmal ersucht, die am meis-  das  zu  einer  spiegelglatten  Piste  präpa-
               ten gefürchtete Abfahrt aller Zeiten zu be-  riert  worden  war,  die  es  mit  den  meisten
               schreiben, wobei es sich natürlich um das   Eislaufplätzen aufnehmen kann. Ich konnte
               Hahnenkamm-Rennen im österreichischen   nur mehr daran denken, dass ich mich in
               Kitzbühel handelt. Vor einigen Jahren hat   rund zwei Stunden hier mit über 120 km/
               ein  legendärer  kanadischer  Läufer  die   h  hinunterlassen  würde.  Am  schlimmsten
               Strecke in all ihren spektakulären Details   war,  dass  ich  nur  wenige  Schritte  vom
               beschrieben, und jetzt ist es an mir, meine   Start  entfernt  war!  Das  Schrecklichste  an
               Eindrücke vom aufregendsten Schirennen   der  Streif  ist,  dass  man  direkt  an  einigen
               der Welt zu beschreiben.         Engstellen (Steil-stücke) vorbei muss und
               Ich  glaube,  es  war  1994,  als  mich  das   für  Fehler  einfach  kein  Platz  ist.  Das  be-
               Glück  verließ  und  mein  Schicksal  mich   zeugte ein Amerikaner, Erik Keck, der den
               einholte. Mir war es aufgrund von Schnee-  ersten  Sprung  nicht  gut  erwischte,  einen
               mangel  einige  Jahre  lang  gelungen,  die    Zaun niederriss und in einer Scheune lan-
               Streif zu vermeiden, und erst im Jahr zuvor   dete. Zum Glück war Keck größer als die
               musste ich mich „leider“ einer Knieoperati-  Scheune, die sich somit geschlagen geben
               on unterziehen. Weil wir gerade dabei sind   musste.
               –  die  Gruppe  der  üblichen  Weltcupläufer   Nach der Besichtigung fuhr ich hinauf und
               reduziert sich immer um rund 25 Prozent,   betete, dass ein plötzlicher Sturm aufkom-
               wenn  das  Rennen  in  Kitzbühel  ins  Haus   men  möge,  wegen  dem  das  Rennen  ab-
               steht. Und das aufgrund einer Unzahl von    gesagt würde. Das Einzige, was man von
               mysteriösen  Verletzungen  und  plötzlich   dort oben sehen kann, sind ungefähr die
               auftretenden  Krankheiten,  die  gerade   ersten hundert Meter, bei denen man nur
               rechtzeitig verschwinden, um beim nächs-  etwas rascher beschleunigt als bei einem
               ten Termin wieder am Start stehen zu kön-  Sprung aus einem Flugzeug. Dann kommt
               nen.  Bei  der  Streckenbesichtigung  wurde   die  Mausefalle,  eine  scharfe  Linkskurve
               mir  dann  plötzlich  klar,  was  ich  vorhatte.   über einen steilen Abhang, nach dem die
               Man stelle sich ein  Gefälle von 60 % vor,   Läufer dann aus dem Sichtfeld verschwin-
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