Page 55 - Nr86 Skikitz 2023 Sommer_Herbst
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Nach der Schulzeit lernte Anderl den Beruf eines Zimmermanns und erst nach Rück-
kehr vom obligatorischen Wanderjahr in der Schweiz begann seine unnachahmliche
Skikarriere mit 18 Jahren. Nach ersten Rennerfolgen im Ausland im Winter 1950 wurde
er in das Österreichische Skinationalteam aufgenommen und sollte für die kommenden
10 Jahre einer der besten und erfolgreichsten österreichischen Athleten werden. Es folg-
te eine unglaubliche Siegesserie bei über 50 internationalen FIS Rennen mit mehrfachen
Siegen in Europa am Kitzbüheler Hahnenkamm (9x), am Wengener Lauberhorn Rennen
(5x) und bei den Arlberg-Kandahar Rennen (6x); aber auch in Übersee, z.B. beim Harri-
man Cup in Kitzbühels Schwesternstadt Sun Valley (1x). Oftmals mit Siegen der Note
„0“, d.h. Sieg in Abfahrt, Slalom und Kombination, verbunden mit all den damit zu-
sammenhängenden Ehrungen und Auszeichnungen!
Anderl Molterer nahm bei drei Olympischen Spielen und fünf Weltmeisterschaften teil,
gewann 1954 WM Bronze im Riesentorlauf im schwedischen Are, 1956 Olympia und WM
Silber im Riesentorlauf und Bronze in der Abfahrt im italienischen Cortina, somit 5
Medaillen in Summe. Einziger Wermutstropfen die fehlende Goldmedaille, die dem Drauf-
gänger im Stangenwald verwehrt blieb.
In Summe beherrschten Anderl mit seinen Kitzbüheler Kollegen des Ski Wunderteams,
Christian Pravda, Fritz Huber, Ernst Hinterseer, Hias Leitner sowie Toni Sailer sämtliche
Skirennstrecken der 1950er Jahre. Und das Skipublikum jubelte ihren Helden zu, am Sem-
mering waren es sogar einmal mit 55.000 Zuschauer bei Österreichischen Meister-
schaften. Es waren sozuagen Popstars ihrer Zeit. Der letzte Hahnenkamm-Sieg 1959
beendete die Vorherrschaft in diesem Jahrzehnt, welche von Anderl Molterer geprägt
wurde. Viermal wurde er als „Skirennfahrer der Saison“ von der französischen und
österreichischen Sportzeitschriften (1953, 1955, 1956, 1959) gewählt sowie dreimal als
Dritter (1954, 1957, 1958). Durch diese Erfolge und durch seine in hellblonde Haarpracht
folgte auch sein Spitzname „Der Weisse Blitz aus Kitz“.
Im Jahre 1960 beendete Anderl mit der letzten Teilnahme an den Olympischen Winter-
spielen seine Amateursportkarriere und verlegte seinen Lebensmittelpunkt in die USA.
Dort hatte er zwei Jahre zuvor seine Lebensliebe „Kay“ kennen gelernt und blieb bis
zur ihrem Ableben im Spätherbst 2022 an ihrer Seite. In Amerika startete er zunächst
erfolgreich als dreimaliger Profi-Skiweltmeister und wurde Skibotschafter und Ski-
lehrer für seine neue Heimat Aspen in Colorado. In späterer Fol-
ge eröffnete er dort ein Sportgeschäft „Molterer Sports“ von 1970
bis 1987 und führte viele Sommer ein Nachwuchs Ski-Trainings-
camp. Im Ruhestand wechselte Anderl nach Nashville im Bun-
desstaat Tennessee, in die Heimat von Kay und verbrachte wei-
terhin viel Zeit mit Freizeitsport wie Tennis und Golf, unter-
brochen zeitweiligen Besuchen in seiner Heimatstadt Kitzbühel
zu verschiedenen Anlässen. Ende Juli 2023 nun kam Anderl zu-
rück nach Kitzbühel, um seinen Lebensabend hier im Kreise
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