Page 29 - Sonderausgabe Skikitz 2020 Dezember Sepp Kahn
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steil ist,  zeitweise nach  außen  hängt,  sie krallen  sich
         ein, und das bei einem Höllentempo. Nur  der Sykora mag
         heute  still sein, weit oben  ist er  bei seiner Kamerafahrt
         zuerst schon ausgestiegen.

         In  der  Pause  nach  dem  ersten  Durchgang  gehe  ich  wieder
         herunter  in  den  Zielraum  und  überlege,  was ich  nun
         tun  soll. Durch’s  Städtchen  wandern  werde  ich  wohl…
         Beim Rasmushof  gehe  ich  –  auf  der  Seite,  wo  diese
         schönen,  großen  Kugeln  auf  den  Bäumen  hängen  –
         hinunter und bin schon fast ums Eck, da tritt die Signe aus der
         Tür und sagt: „Sepp, du bist doch nicht schon dahin – oder?“
         „Nein, ich…, ich…“ „Komm doch herein ins Salettl“. „Aber…, da
         bin ich schon vorgestern gewesen“. „Komm, du kannst dich zu
         jungen Leuten setzen“. Verdiene ich so viel Gastfreundschaft?


         Ich weiß, wenn  ich hineingehe,  wird es mir auch  kulinarisch
         wieder sehr gut gehen. Ich werde zwischen Leuten sitzen, die
         es mehr  verdienen,  sich in der  Extraklasse zu  bewegen…Der
         Anorak und die Kappe werden mir abgenommen und auf einen
         Bügel gehängt. Aus mehreren Gerichten kann ich auswählen,
         bin wieder im Paradies gelandet.  Und diese Jungen  am Tisch
         – obwohl ich vierzig Jahre länger auf der Welt bin – wir finden
         interessante Gesprächsthemen: Meine langjährigen Tätigkeiten
         im Sommer auf der Alm… Die Erlebnisse  einer jungen Frau
         als Lehrerin… Und nebenbei verwöhnen wir unseren Gaumen…!
         Später gehe ich wieder bergwärts,  schaue mir den zweiten
         Durchgang  an.  Diesmal gehe  ich auf der  linken Seite hinauf,
         suche mir einen guten Platz. Gewaltig, diese Menschenmassen!

         Auf einmal überkommen  mich ganz komische Gedanken.
         Früher, ganz früher, in der Antike, glaube ich, hat es auch schon
         ähnliches gegeben. Da  sind  auch viele  tausende Menschen
         zusammengekommen  und  haben zugeschaut und  die
         Betroffenen  angefeuert.  Früher  hat meistens nur einer
         überlebt  –  oder  –  wenn  sie Löwen  in die Arena  gelassen
         haben, gewöhnlich gar keiner. Den Zuschauern hat es gefallen.
         Heutzutage  überleben (fast) alle, sie kämpfen aber nur
         gegen      die    Tücken     des    Berges    und     die    darauf
         gepflanzten  Stangen.  Blessuren  an  Körper  und  Geist
         erleiden zwar schon einige, Blut fließt aber nur selten.

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