Page 28 - Sonderausgabe Skikitz 2020 Dezember Sepp Kahn
P. 28
DER SLALOM
29.1.2020
Drei Tage sind nun vergangen seit dem letzten Rennen in
Kitzbühel, dem Slalom. Ich habe diese Tage gebraucht
zum Ausrasten. Geistig. Habe keine Zeile geschrieben, keine
Zeitung gelesen. Bei der Arbeit sind mir viele Gedanken durch
den Kopf gegangen. Besonders beim Kühe putzen habe
ich die Gedanken schweifen lassen können…Dass sich die
Abfahrer bei der Mausefalle oben so ins Ungewisse springen
trauen…? Dass es möglich ist, auf einer so langen, schwierigen
Strecke auf die Hundertstelsekunde gleich schnell zu sein …?
Auch der Kritiker kommt mir wieder in den Sinn. Hat er recht?
Wenn nun aber auf einmal keine Reichen, keine Promis mehr
nach Kitzbühel kommen würden…! Ja, die Grundstückspreise
würden fallen, würde man ein Haus aber dadurch leichter
bauen können? Womöglich würde der Mann oder die Frau als
Arbeitskraft nicht mehr gebraucht…? Alles hat zwei Seiten. Aber
da sollen sich Gescheitere den Kopf darüber zerbrechen. Nun will
ich aber den Sonntag, meine Erlebnisse beim Slalom, schildern:
In der Früh nicht mehr in den Stall gegangen. Mit der Frau gut
und gemütlich gefrühstückt. Lebe mit ihr seit der Hofübergabe im
„Austragshäusl“, zweiundfünfzig Schritte vom Bauernhaus ent-
fernt. Schön angezogen. Bis Kirchberg mit dem Auto, dann mit
dem Zug gefahren. In Kitzbühel sind schon wieder Tausende
unterwegs, Richtung Ganslernhang. Gehe höher hinauf, suche
mir guten Aussichtspunkt. Auf der Abfahrtsstrecke wird schon
abgebaut. Auch aller Müll ist verräumt. Hubschrauber
transportieren in der Luft, von ganz oben, Zeug herunter. Ein
Paar mit fünf Kindern (eines ist ausgeliehen), frägt mich, ob
ich der bin der sie meint, dass ich bin? Weil sie meinen Na-
men ausspricht, gebe ich es zu. Dann macht ein Mann
ein Foto von Anita aus Ellmau, den Kindern und mir, und
alle freuen wir uns. – Der Slalom hat soeben begonnen.
Wie laut das ist, wenn ein Rennläufer vorbeifährt! Die scharfen
Kanten graben sich in den eisigen Schnee, die Kippstangen
schnalzen zurück, auf den Boden, die Schier oder den Mann.
Und alle liegen sie von der Zeit her so eng beisammen. Nur
Hundertstel sind es, die sie trennen. Wenn der Hang auch so
27