Page 30 - Sonderausgabe Skikitz 2020 Dezember Sepp Kahn
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Die Belohnung ist heutzutage auch eine andere. Hat der
Sieger früher seine Freiheit oder vielleicht die jüngste Tochter
des Königs bekommen, so winken heute saftige Geldpreise.
Der zweite Durchgang hat schon begonnen, merke ich jetzt.
Noch etwas fasziniert mich: Die Macht des Platzsprechers.
Wie ihm die Massen folgen, wie sie schreien, mit den
Armen gestikulieren, wenn er sie animiert dazu. Zwanzigtausend
Menschen auf engstem Raum, und einer dirigiert sie…!
Eine dunkle Wolke spüre ich über den Himmel ziehen. Wenn
der Platzsprecher nun behaupten würde, einer der vorne
Platzierten habe geschwindelt, gehöre gar nicht dorthin wo
er jetzt ist, gehöre ausgepfiffen, wenn er dann herunterfährt
und mit Schneebällen beworfen. Wie würden wir reagieren?
Würden wir den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung anzweifeln?
Ich befürchte nicht. Wenn der Betroffene dann kommt,
würden Einzelne zu schreien beginnen, auch pfeifen,
dann immer mehr, zuletzt würde ein Wutgeheul von uns
allen ertönen und ein Schneeballregen würde den
Betroffenen aus der Bahn werfen. „Sepp, du schaust auch zu…“
„Was? Ich…, ja, schaue auch“. Ein Mann neben mir hat
mich angeredet. „Ja…, kennst du mich?“„Ja. Mein Sohn und
deine Schwiegertochter sind miteinander in die Schule
gegangen.“ Wir reden noch mehr und klären einiges. Ich bin
auch wieder richtig da und schaue den Slalomkünstlern zu.
Daniel Yule gewinnt vor Marco Schwarz und Clement Noel. Ganz
spannend und knapp ist’s hergegangen. Und der Halbzeitfüh-
rende, dieser junge Norweger, ist Vierter geworden. Mit dem
Hinuntergehen lasse ich mir jetzt Zeit. Mich drängt nichts. Die
„Besseren“ auf der Ehrentribüne muss ich gar nicht treffen, die
tausenden anderen lasse ich einfach vorgehen. Fast wehmütig
ist mir zumute. Ich habe so eine schöne, interessante Woche
erlebt, sehe Kitzbühel mit ganz anderen Augen. Ist es zuerst ein
nicht allzu fernes Städtchen gewesen, wo sich die Reichen und
Schönen aufhalten, exklusive Hotels und Geschäfte locken, die
sich ein normaler Sterblicher nie leisten kann, so habe ich in
diesen Tagen auch anderes kennengelernt. Besonders die
Freundlichkeit aller Kitzbüheler, die ich getroffen habe, hat mir
imponiert. Und dass das Sprichwort „Ohne Fleiß – kein Preis“
hundertprozentig stimmt, habe ich in Kitzbühel auch gesehen
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